Das Padmasambhava Guru-Yoga ist die Essenz des diamantenen Weges des Buddhismus, des Vajrayana. Es unterstützt uns dabei, die Erleuchtungsnatur unseres eigenen Geistes zu erkennen. Im Buddhismus wird nichts Künstliches angebetet – vielmehr geht es darum, unseren eigenen Geist in seiner ursprünglichen Natur zu erforschen. Im Vajrayana bezieht man dabei alle Sinne bewusst mit ein, visualisiert zum Beispiel eine Form einer Buddha-Lichtgestalt vor sich, wissend, das es eigentlich auch der Ausdruck der eigenen erleuchteten Qualität des eigenen Geistes ist. Wir sind jedoch oft mit unseren Gedanken, Emotionen und Glaubenssätzen so beschäftigt, dass wir diese Qualität nicht erkennen. Das Padmasambhava Guru-Yoga ist eine Übung, die uns schnell in den Zustand der Erkenntnis bringen kann, wenn man sie täglich übt.
Vorbereitung
Vor dem Einstieg in die Praxis ist es wichtig, den Alltag und die vielen Gedanken loszulassen. Das Gebet, das zu Beginn der Meditation gesprochen wird, dient dazu, den Geist zu beruhigen, ohne Gedanken zu unterdrücken – sie dürfen fließen.
Zuflucht und Bodhichitta (Erleuchtungsgeist)
Buddha Shakyamuni hat die Idee der Erkenntnis des eigenen Geistes auf einfache Weise dargelegt. Zuflucht zu Buddha bedeutet nicht nur, Respekt vor der historischen Gestalt des Buddha zu haben, sondern auch, uns auf die Suche nach der erleuchteten Qualität unseres eigenen Geistes zu begeben. Dabei geht es darum, uns von unseren Gedanken, Emotionen und Glaubenssätzen zu lösen, um die reine Natur des Geistes zu erkennen.
Die besonderen Übungen, die Buddha uns gegeben hat, um unseren Geist zu klären und seine erleuchtete Qualität zu erkennen, gehören zum Dharma. Dharma sind die gesamten Lehren des Buddhismus.
Mit Sangha werden die Menschen bezeichnet, die schon fortgeschrittener auf dem buddhistischem Weg sind und uns helfen können, falls wir Schwierigkeiten haben. Sangha ist auch die Ebene der Handlung, auf der wir selbst lernen uns ethisch zu verhalten und eventuelle Gelübde, wie zum Beispiel andere nicht zu schaden, einhalten wollen.
Auf höchster Ebene sind Buddha, Dharma und Sangha also nicht nur äußere Objekte, sondern auch innere Qualitäten. Buddha steht für unseren erleuchteten Geist, Dharma für die Meditation, und Sangha für unser Verhalten.
Padmasambhava, die Lichtgestalt dieser Praxis, verkörpert all diese drei Aspekte. Wenn wir zu ihm beten, bitten wir um seine Hilfe, um unsere störenden Emotionen und Glaubenssätze aufzulösen und einen friedlichen Geisteszustand zu erreichen.
Bodhichitta, der Erleuchtungsgeist, bedeutet, dass wir nicht nur für uns selbst praktizieren, sondern den Wunsch entwickeln, allen fühlenden Wesen zu helfen. In der Praxis stellen wir uns vor, dass alle Wesen – insbesondere unsere Eltern, Verwandten und Freunde – um uns herum sitzen und ebenfalls Zuflucht zu Padmasambhava nehmen. Wir wünschen uns, liebevoller und freundlicher mit anderen Wesen umzugehen und ihnen auf unterschiedliche Weisen zu helfen.
Visualisierung und Gebet
Padmasambhava wird als erleuchtetes Wesen betrachtet, das aus Mitgefühl in der Welt erschien, um die Lehren des Vajrayana zu verbreiten. Er wird als Emanation von Buddha Amitabha, dem Buddha des grenzenlosen Lichts, angesehen.
- Sein Erscheinungsbild: Padmasambhava ist Liebe und Mitgefühl, sein Gesicht hat jedoch auch einen leicht zornvollen Ausdruck, was bedeutet, dass er im Notfall kraftvolle Handlungen ausführen kann. Er hält in der rechten Hand einen Vajra (tibetisch Dorje), das Symbol der erleuchteten Methoden die er anwendet, um den Wesen zu helfen. In der linken Hand trägt er eine mit Blut gefüllte Schädelschale, die für Freiheit von Begierde und dem Geben von spirituellen Erkenntnissen steht. Der Lotushut symbolisiert die Verwirklichung der Mahayana-Lehren, und die drei Dharma-Roben stehen für die drei Wege des Buddhismus
(kleiner, großer und diamantener Weg). Sein Sitz auf Lotus und Mond deutet auf das Ende des Leidens im Samsara hin.
In der Meditation visualisieren wir Padmasambhava vor uns und sprechen das Siebenzeilen-Gebet mit der festen Überzeugung, dass seine Lehren und Praktiken funktionieren. Dabei schließen wir wieder alle Wesen mit ein, damit auch sie die Hilfe und Unterstützung erhalten, die sie brauchen.
Mantra-Rezitation
Das Mantra Om Ah Hung Bendsa Guru Pema Siddhi Hung bedeutet unter anderem: „Unzerstörbarer Guru Padmasambhava, der die drei Buddhakörper verwirklicht hat, gewähre mir die Errungenschaften des spirituellen Weges.“
Während der Mantra-Rezitation gibt es zwei Phasen:
- Wir äußern zunächst Wünsche für weltliche Dinge wie Frieden, Heilung und Wohlstand.
- Dann bitten wir um spirituelle Gaben wie einen ruhigen Geist, innere Klarheit und schließlich Erleuchtung.
Wir nutzen zur Rezitation des Mantras eine Mala mit 108 Perlen und zählen mindestens eine Mala pro Sitzung – das zählt als 100 Mantras. Die übrigen acht Perlen sind für den Fall, dass man sich versprochen hat und für extra Segen.
In einer längeren Meditationssitzung können wir auch ein Vielfaches davon rezitieren. Zum Beispiel 10 Malas, also 1000 Mantras. Wir können auch eine Strichliste führen und im Laufe der Zeit 100.000 oder mehr Mantras ansammeln. Es ist jedoch wichtig darauf zu achten, dass die Qualität der Übung höher bleibt als die Quantität. Da gibt es zwei unterschiedliche Herangehensweisen, die man auch als Yin und Yang Varianten bezeichnen kann. Das Yin bleibt eher im Fluss der Übung und bettet das Mantra in die Tiefe der Meditation mit ein, während das Yang über das schnelle Zählen des Mantras in die Tiefe vordringt.
Übertragung und Visualisierung
Eigentlich wird nichts übertragen, weil wir das, was wir visualisieren, auf höchster Ebene ja selbst sind. Und um das, was nicht begriffen werden kann, sichtbar zu machen, führen wir hier die Visualisierung durch.
Du kannst dir aussuchen, ob du die Lichter während der Mantra-Rezitation oder in stiller Versenkung danach visualisierst, wie in dem Meditationstext angegeben. Im diamantenen Weg, dem Vajrayana, spielen am Anfang die oberen Chakras eine besondere Rolle:
- In der Stirn das weiße OM, unser Körper wird ganz von weißem Licht erfüllt. Wir stellen uns vor, dass alle Probleme mit dem Körper und unangenehme Angewohnheiten geklärt werden.
- Im Kehlchakra das rote AH, unser Körper wird ganz von rotem Licht erfüllt. Das Licht fließt durch die Energiekanäle und löst alle Schwierigkeiten mit unserem sprachlichen Ausdruck.
- Das dunkelblaue HUNG im Herzchakra füllt unsere Körper mit dunkelblauem Licht und alle Hindernisse und Verzettelungen im Geist werden bereinigt.
Verschmelzung mit Padmasambhava
Die gesamte Form Padmasambhavas löst sich in Regenbogenlicht auf und strahlt in uns hinein. Wir erkennen, dass unser Geist jetzt der gleiche wie der von Padmasambhava ist – frei von den fünf Geistesgiften wie Unwissenheit, Begierde, Hass, Stolz und Neid. In dieser Verschmelzung erfahren wir die erleuchtete Qualität unseres eigenen Geistes und verweilen in einem Zustand seliger Offenheit.
Darbringungen
Nun opfern wir physisch oder im Geiste Wasser, Fußwaschwasser, Blumen, Räucherwerk, Lichter, Parfum, Nahrung und Musik. Wir könne zum Beispiel kleine Schalen mit Wasser aufstellen sowie mit Reis gefüllte Schalen auf die wir eine kleine Blume legen, ein Bild von einem Instrument, usw. Oder wir stellen uns die Gaben im Geiste vor. Beides ist okay.
Die Darbringungen sind eher traditioneller Herkunft. Darauf kommt es aber nicht an. Die Idee ist, Padmasambhava so zu empfangen, wie wir auch einen guten Freund empfangen würden. Diese Gaben symbolisieren eine Öffnung in uns, ein Teilen von dem, was wir haben – sei es materiell oder spirituell. Durch diese Geste erzeugen wir Mitgefühl, das unseren Geist erweitert und daraufhin erneut tiefere Erkenntnisse ermöglicht.
Auflösung
Alle Wünsche, alle Opfergaben, sind letztendlich von ihrer wahren Natur her leer, ohne eigene Substanz. In diesem Wissen lassen wir jetzt alle Vorstellungen von Meditation los und bleiben in einem Zustand des Friedens und der Offenheit. Gedanken dürfen kommen und gehen, ohne dass wir an ihnen haften.
Verdienstübertragung und Wunschgebet
Es geht im Buddhismus immer wieder darum, anderen Wesen zu nutzen, Mitgefühl und Liebe für alle zu entwickeln und ihnen zu helfen. Darum sprechen wir zum Abschluss ein Wunschgebet, in dem wir darum bitten, dass alle Lebewesen von den Erkenntnissen und Verdiensten unserer Praxis profitieren. So wird der Kreislauf des Mitgefühls und der Erleuchtung weitergeführt.
Das Padmasambhava Guru-Yoga führt uns nicht nur zur Erkenntnis unseres Geistes, sondern hilft uns, anderen Lebewesen auf ihrem Weg zu unterstützen. Es verbindet die Meditation mit dem tiefen Wunsch, dass alle Wesen Frieden und Befreiung erfahren mögen.
Text von Nivata
Zur öffentlichen Verwendung – Fragen bitte gerne per Email
Hri Mahakala Betali.
Hier kannst du das komplette Padmasambhava Guru-Yoga mitlesen und meditieren.