Karma – das Prinzip von Ursache und Wirkung
Im Buddhismus bedeutet Karma, wörtlich übersetzt aus dem Sanskrit, einfach „Handlung“. Doch es geht um mehr als nur um einzelne Taten: Karma beschreibt das grundlegendes Prinzip von Ursache und Wirkung, das unser Leben formt. Jede Handlung, jedes Wort und jeder Gedanke hinterlässt Spuren – in uns selbst und in der Welt. Wie ein Samen, den wir pflanzen, tragen unsere Entscheidungen Früchte, die wir früher oder später ernten. Diese Erkenntnis gibt uns die Möglichkeit, bewusst ein Leben zu gestalten, das auf Mitgefühl, Weisheit und ethischer Verantwortung basiert.
Negative Handlungen vermeiden
Ein zentrales Ziel im Buddhismus ist es, Leid zu reduzieren – für uns selbst und andere. Deshalb betont die Lehre, welche Handlungen uns in leidvolle Situationen führen können und welche es zu vermeiden gilt.
Die zehn negativen Handlungen
Diese werden in drei Kategorien unterteilt: körperliche, verbale und geistige Handlungen. Sie bilden eine klare Orientierung, welche Verhaltensweisen uns schaden und wie wir sie überwinden können.
1. Körperliche Handlungen
- Töten: Leben zu nehmen – ob bewusst oder gedankenlos – zerstört die Basis von Mitgefühl und Achtung vor dem Leben. Selbst kleine Gesten, wie achtsam zu gehen, um Insekten nicht zu verletzen, können eine große Wirkung haben.
- Stehlen: Nehmen, was uns nicht gegeben wird, sei es durch Gewalt, Täuschung, List oder Herunterspielen („es ist ja nicht so schlimm, wenn ich mir schnell das eine Blatt Papier nehme – es ist ja genug da“). Das zerstört Vertrauen und schafft Unruhe.
- Sexuelles Fehlverhalten: Respektlosigkeit gegenüber den Gefühlen oder dem Vertrauen anderer in intimen Beziehungen kann tiefes Leid verursachen.
2. Verbale Handlungen
- Lügen: Unwahrheiten schaffen Misstrauen und Verwirrung. Auch kleine Lügen beeinflussen unser Bewusstsein negativ.
- Zwist säen: Konflikte bewusst zu schüren oder Harmonie zu zerstören, schadet nicht nur anderen, sondern auch unserem inneren Frieden.
- Hartherzige Worte: Worte können verletzen wie Waffen. Sanftheit und Achtsamkeit im Sprechen sind daher von großer Bedeutung.
- Leeres Gerede: Unnütze oder oberflächliche Gespräche verschwenden unsere Energie und lenken uns von sinnvollen Zielen ab.
3. Gedankliche Handlungen
- Neid: Der Wunsch, das zu besitzen, was anderen gehört, vergiftet unseren Geist.
- Schaden wünschen: Gedanken voller Ärger oder Hass wirken ebenso wie Gift auf unseren Geist.
- Falsche Ansichten: Die Überzeugung, dass Handlungen keine Konsequenzen haben, oder das Leugnen von Mitgefühl und Weisheit als essentielle Werte, blockiert unsere spirituelle Entwicklung.
Wann ist eine karmische Handlung abgeschlossen?
Dazu müssen alle vier wesentlichen Elemente einer negativen Handlung erfüllt sind. Hier ein Beispiel anhand des Tötens eines Tieres:
- Die Grundlage (Basis): Das bewusste Erkennen eines lebendigen Wesens oder eines Objekts, das Ziel der Handlung ist: Ein Jäger erkennt ein Tier als lebendes Wesen und identifiziert es klar.
- Die Absicht: Der Wunsch oder die Absicht, die Handlung durchzuführen. Das bedeutet, dass die Motivation – sei es aus Hass, Gier oder Unwissenheit – vorhanden ist: Der Wunsch, das Tier zu töten.
- Die Handlung selbst: Die tatsächliche Ausführung der Handlung: Das Ergreifen von Maßnahmen wie das Schießen auf das Tier oder die Verwendung eines anderen Werkzeugs, um es zu töten.
- Die Vollendung: Der gewünschte Effekt tritt ein: Das Ende des Lebens des Tieres, bei dem Körper und Geist getrennt werden.
Wenn diese vier Elemente vollständig gegeben sind, ist die karmische Handlung abgeschlossen, und die entsprechende karmische Wirkung wird unweigerlich entstehen. Auch wenn nur einige dieser Elemente erfüllt sind, kann eine Handlung karmische Folgen haben, jedoch in geringerem Maße.
Positive Handlungen fördern
Ebenso wie negative Taten Leid bringen, schaffen positive Handlungen Wohlbefinden und Harmonie. Es geht darum, liebevolles Handeln, Wahrheit, Großzügigkeit und Güte zu kultivieren – in jeder Situation.
- Mitgefühl entwickeln: Vermeide das Leid anderer und hilf, wo immer möglich.
- Ethisch handeln: Sei achtsam mit deinen Worten, deinem Verhalten und deinen Gedanken.
- Weisheit suchen: Versuche, die tiefere Bedeutung des Lebens zu erkennen und danach zu handeln.
Die Macht der Gewohnheit
Der Buddhismus lehrt, dass wir nicht perfekt sein müssen, um das Gesetz des Karma auf unserem Weg zu nutzen. Vielmehr geht es darum, unsere Gewohnheiten schrittweise zu verändern. Jeder Moment bietet eine neue Chance, alte Muster zu durchbrechen und unser Leben bewusster zu gestalten.
Praktische Tipps für den Alltag
- Reflexion: Überlege am Ende des Tages, welche deiner Handlungen positiv und welche negativ waren. Kleine Einsichten führen zu großen Veränderungen.
- Achtsamkeit üben: Sei präsent bei dem, was du tust, und achte darauf, wie es sich auf dich und andere auswirkt.
- Kleine Schritte: Beginne mit einer negativen Gewohnheit, die du ändern möchtest, und ersetze sie durch eine positive.
Schlussfolgerung: Leben aktiv positiv gestalten
Karma ist kein starres Gesetz, sondern eine Einladung, unser Leben aktiv zu gestalten. Durch bewusste Entscheidungen können wir nicht nur unser eigenes Glück finden, sondern auch das Leben anderer bereichern. In diesem Sinne ist Karma keine Bürde, sondern ein Werkzeug für innere Freiheit und Wachstum.
Quelle: Die Lehren von Patrul Rinpoche, „The Words of My Perfect Teacher“