In einer Welt, die von ständiger Veränderung geprägt ist, lehrt uns die Philosophie der Vergänglichkeit, das Leben mit anderen Augen zu sehen. Das Leben ist ein ständiger Fluss von Veränderungen und Übergängen. Nichts in dieser Welt bleibt für immer bestehen. Der Weg zur Erkenntnis beginnt oft mit der Einsicht in die Unbeständigkeit der äußeren Welt, der Lebewesen und sogar heiliger Wesen.
Die Illusion der Beständigkeit
Stellen wir uns die Welt vor, in der wir leben, als eine flüchtige Erscheinung, ähnlich einem Traum oder einer Fata Morgana. Die Lehren, die hier besprochen werden, sprechen von der Welt als einem Ort, der trotz seiner scheinbar festen Struktur – mit Kontinenten, Bergen und Himmeln – einem ständigen Wandel unterliegt. Diese Struktur, die von kollektivem Karma geformt wird, existiert für einen Kalpa, eine unvorstellbar lange Zeitspanne, doch auch sie wird eines Tages durch Feuer und Wasser zerstört.
Die Vergänglichkeit der äußeren Welt
Die äußere Welt, die uns umgibt, erscheint auf den ersten Blick stabil und beständig. Der Himmel, die Berge, die Ozeane – all das scheint ewig zu sein. Doch auch die mächtigsten Strukturen der Natur, die über Jahrtausende bestehen, sind letztlich der Vergänglichkeit unterworfen. In den Lehren wird oft auf die endgültige Zerstörung des Universums durch Feuer, Wasser und Wind hingewiesen. Die Zerstörung erfolgt schrittweise, wobei die Naturgewalten nacheinander Bäume, Flüsse, Seen und schließlich ganze Ozeane auslöschen. Selbst die höchsten Gipfel und die gewaltigen Kontinente werden am Ende in einem alles verschlingenden Feuer vergehen.
Diese kosmische Zerstörung führt uns zu einer tiefen Erkenntnis: Wenn selbst das Universum, mit all seiner scheinbaren Stabilität, irgendwann vergeht, wie könnte dann unser menschliches Leben, das im Vergleich dazu so klein und unbedeutend ist, von Dauer sein? Unsere Körper sind vergänglich, zerbrechlich und jederzeit dem Tod ausgesetzt.
Die Vergänglichkeit der Lebewesen
Von den höchsten Göttern bis zu den tiefsten Höllenwesen, niemand entkommt dem Tod. Diese universelle Wahrheit wird in alten Texten und Lehren immer wieder betont, um uns daran zu erinnern, dass Geburt unweigerlich zum Tod führt. Jedes Wesen, das geboren wird, wird irgendwann sterben. Diese Wahrheit ist so selbstverständlich, dass wir sie im Alltag oft verdrängen. Doch der Tod ist unvermeidlich, und jeder Atemzug bringt uns diesem unausweichlichen Moment näher.
Selbst die Erleuchteten und Heiligen, die in unserer Geschichte als unvergänglich erscheinen, haben ihre Existenz in dieser Welt beendet. Ihre Lehren und Geschichten bleiben, doch ihre physische Form ist der Vergänglichkeit unterworfen. Die Geschichten von großen Meistern und Yogis, wie Milarepa, zeigen, dass selbst diejenigen, die scheinbar über den Naturgesetzen stehen, letztlich die Vergänglichkeit demonstrieren, indem sie diese Welt verlassen.
Anstatt uns jedoch von der Unausweichlichkeit des Todes überwältigen zu lassen, sollten wir sie als Motivation nutzen, jeden Moment bewusst zu leben und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Denn wenn der Tod uns plötzlich gegenübersteht, helfen weder Reichtum noch Macht, weder Schönheit noch Intelligenz. Nichts kann uns vor dem unausweichlichen Ende bewahren. Dies verdeutlicht die Dringlichkeit, den gegenwärtigen Moment nicht mit Trägheit oder unnötigen Sorgen zu verschwenden, sondern ihn für das Wesentliche im Leben zu nutzen.
Die Unsicherheit des Todeszeitpunkts
Ein wichtiger Gedanke ist die Unvorhersehbarkeit des Todes. Keiner von uns weiß, wann oder wo das Ende kommt. Diese Unsicherheit soll uns nicht in Furcht versetzen, sondern vielmehr dazu inspirieren, jeden Moment bewusst und positiv zu leben.
Die Lehre aus der Vergänglichkeit
Diese Gedanken über die Vergänglichkeit sollen nicht deprimieren, sondern inspirieren. Sie erinnern uns daran, dass:
- Dringlichkeit im spirituellen Streben: Da das Leben kurz und ungewiss ist, ist es essenziell, keine Zeit zu verlieren und sich dem spirituellen Wachstum zu widmen.
- Loslösung: Durch das Erkennen der temporären Natur aller Dinge können wir uns von Anhaftungen lösen, die uns leiden lassen.
- Wertschätzung des Augenblicks: Jeder Atemzug, jeder Moment ist kostbar und sollte mit Dankbarkeit und Achtsamkeit gefüllt sein.
Fazit
Die Betrachtung der Vergänglichkeit lehrt uns, das Leben in seiner Tiefe zu schätzen und nicht in der Oberflächlichkeit zu verweilen. Es ist eine Einladung, das Leben mit einem Herzen voller Weisheit und Mitgefühl zu leben, wohl wissend, dass alles, was wir sehen und sind, einem ständigen Wandel unterworfen ist. Diese Erkenntnis kann uns dazu bewegen, unsere Zeit auf Erden weise zu nutzen, für unser eigenes Wohl und das der anderen.
Quelle: Die Lehren von Patrul Rinpoche, „The Words of My Perfect Teacher“